KOZHIKODE
Begegnung, Kultur und Erholung
01.03.2020 - 11.03.2020
Auf den Spuren von Hermann Gundert
Die Reise ist in Vorbereitung auf eine kulturelle Begegnungsreise der Hermann-Gundert-Gesellschaft entstanden, die zu einem späteren Zeitpunkt mit den drei Schwerpunkten Homestay, Kultur und Erholung stattfinden soll.
Als Ausgangspunkt für das Kennenlernen und die weitere Planung hatte ich Kozhikode gewählt. Das hatte mehrere Gründe. Erstens lebte Hermann Gundert mit seiner Familie ab dem Jahr 1857, als er zum Schulinspektor berufen wurde, in Kozhikode. Und zweitens hat die Hermann-Gundert-Gesellschaft, allen voran ihr Gründer Albrecht Frenz, in Vorbereitung der Konferenz zum 100. Todesjahr Hermann Gunderts neben hinduistischen und christlichen auch enge Kontakte mit der muslimischen Gemeinschaft in Kozhikode geknüpft, aus der mittlerweile Freundschaften geworden sind.
Aufgrund der weltweiten Corona-Verbreitung musste ich leider vor Ort die ehemals als 12-tägig geplante Reise nach 9 Tagen abbrechen und bin ziemlich überstürzt abends um 22:00 Uhr von meinem so entspannten Ayurveda-Aufenthalt abgereist. Aus diesem aktuellen Anlass haben wir dann auch die ehemals Ende 2020 geplante Mitglieder-Reise bis auf Weiteres verschoben.
REISEVERLAUF
01.03.2020 Frankfurt - Calicut
02. - 04.03. Kozhikode, Homestay
04. - 05.03. Kalpetta, Kultur
06. - 11.03. Rajah Island, Ayurveda
12.03.2020 Calicut - Frankfurt
BEGEGNUNG
Herzliche Gastfreundschaft
Als ich vom Flughafen von meiner Gastfamilie mit dem Auto abgeholt wurde, ist mir gleich der für uns verrückte Linksverkehr aufgefallen. Zum Glück musste ich nicht fahren! Thayi, meine Gastgeberin, fuhr in aller Seelenruhe und immer sehr souverän durch das totale Chaos auf den Straßen.
Beeindruckt haben mich bei Ankunft gleich auch die in Kerala unterschiedlichen Typen an Kleidern, die dort getragen werden: einmal der Sari und im Gegensatz dazu eine lockere Hose mit einem knielangen Oberteil mit zwei langen, seitlichen Schlitzen sowie einem Schal im passenden Stoff, der locker über die Schultern geschlagen wird und, falls notwendig, schnell den Kopf bedecken kann, der sogenannte Churidar.
Mahlzeiten sind echte Geschmacksexplosionen im Mund von mindestens 4-5 verschiedenen Gerichten und haben meine europäischen Geschmacksnerven anfangs überfordert. Umgekehrt habe ich nach meinem Aufenthalt die Vielfalt der unterschiedlichen Gewürze in Deutschland sehr vermisst. Gegessen wird nicht mit Messer und Gabel oder Löffel, sondern mit der rechten Hand. Obwohl ich mich als Linkshänder sehr schwer damit getan habe, bin ich tief beeindruckt, was für ein tolles Werkzeug Hände eigentlich sind.
Toiletten sind üblicherweise nicht mit Toilettenpapier ausgestattet, sondern mit einem Wasserschlauch zum Abspülen. Auf Nachfrage gibt es aber auch gerne welches dazu.
KULTUR
Verschiedene Religionen nebeneinander
Kozhikode
Thali Shiva Temple - Mishkal Moschee - Mother of God's Church
Als eines der wichtigsten spirituellen und kulturellen Zentren in Kozhikode liegt der hinduistische Thali Shiva Temple im Herzen der Stadt. Er wurde im 12. Jahrhundert in wunderschöner, keralesischer Architektur erbaut.
Die vierstöckige Mishkal Moschee im Stadtteil Kuttichira hingegen ist nach ihrem Erbauer, dem arabischen Händler und Schiffsbesitzer Nakhooda Mishkal benannt. Damals - vor 650 Jahren - war Kozhikode das wirtschaftliche Zentrum der Region und eines der größten Handelszentren der Welt. Ursprünglich hatte sie 5 Stockwerke und wurde nach einem portugiesischen Angriff im Jahr 1510 um ein Stockwerk reduziert. Für den Wiederaufbau spendete der damalige hinduistische Herrscher von Kozhikode Holz aus den Booten christlicher Portugiesen an die Muslime.
Direkt neben der Strandpromenade in Kerala liegt die Mother of God's Church, die 1513 n. Chr. von italienischen Architekten für portugiesische Missionare errichtet wurde. Sie ist eine Hommage an das italienische Know-how und das Können indischer Handwerker. Heute gibt es um die Kirche herum eine katholische Jungen- und Mädchenschule, die explizit religionsunabhängig allen Kindern zur Verfügung steht.
Kalpetta
Prähistorische Höhlengravuren
Ein Ausflug zu den Edakkal-Höhlen, ca. 10 km von Sulthan Bathery entfernt, ist wie eine Reise in unsere vergessene Vergangenheit. Man erreicht die Kluft zwischen zwei Felsen nach einer kurzen, aber steilen Wanderung auf die Ambukuthi-Hügel mit majestätischer Aussicht. An den Höhlenwänden einer der größten touristischen Attraktionen in Südindien befindet sich eine Sammlung neolithischer Felsgravuren (erstes Jahrtausend v. Chr.) und Bilder.
Kalpetta eignet sich sehr gut als Ausgangspunkt für weitere Freizeitaktivitäten. In der näheren und weiteren Umgebung gibt es jede Menge Sehenswürdigkeiten zu entdecken, wie z.B. die Kozhippara- und Arippara-Wasserfälle, die Vayalada-Gebirgslandschaft, das Vogelschutzgebiet Kadalundi, den Janaki-Wald, die Major Feuchtgebiete, den East Hill mit megalithischen Relikten, den Pervuannamuszi-Damm oder auch den Fluss Kallai.
ERHOLUNG
Ayurveda - zwischen Entspannung und Genesung
Das Wort Ayurveda ist Sanskrit (आयुर्वेद āyurveda) und steht für „Wissen vom Leben“. Die traditionelle indische Heilkunst ist ein ganzheitliches System und gehört in den Bereich der traditionellen Alternativmedizin. In der Typologie spricht man von drei unterschiedlichen Lebensenergien, den Doshas: Vata (Wind, Luft und Äther), das Bewegungsprinzip, Pitta (Feuer und Wasser), das Feuer- bzw. Stoffwechselprinzip, Kapha (Erde und Wasser), das Strukturprinzip. Die Diagnose wird am Patienten als Ganzem durchgeführt. Dazu gehören z. B. eine generelle körperliche Untersuchung, Puls- und Urinuntersuchungen und eine Prüfung von Zunge und Augen, unabhängig davon, in welchem Körperbereich die Beschwerden vorliegen.
Im ayurvedischen Resort Rajah Island bin ich üblicherweise morgens um 6 Uhr schon vom Service geweckt worden, der mir meine erste Medizin vor die Tür gestellt und geklingelt hat. Von 6:30 Uhr – 7:30 Uhr gab es gemeinschaftliches Yoga-Praktizieren und zwischen 8:00 Uhr und 10:00 Uhr Frühstück. Anschließend hatte ich meist die ersten ayurvedischen Behandlungen und entspannenden Massagen, die sich über den ganzen Tag verteilt haben. Das Mittagessen wurde von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr wieder im Restaurant serviert. Und um 17:30 Uhr haben wir uns alle gemeinsam auf dem grünen Rasen vor dem Hotel getroffen, um wieder eine Stunde Yoga zu praktizieren. Die Tage schlossen üblicherweise um 19:00 Uhr mit einem Abendessen im Restaurant, bei dem die Platzwahl frei war. So hatte ich Gelegenheit, innerhalb der 5 Tage nette Bekanntschaften aus der Schweiz und Frankreich zu machen, mit denen ich bis heute noch in Kontakt bin.